Abdeckerei im Westen Lüchows

Lüchow
Spötzingstraße
Baujahr: 1914

Im Hintergrund ragt hinter dem Güllewagen die Spitze der katholischen Kirche in der Dannenberger Straße auf. Das Bild zeigt die Abdeckerei westlich von  Lüchow an der Spötzingstraße, damals Abdeckereiweg.

Aus Informationen der lokalen Zeitung ergeben sich folgende Abläufe:

4. Juli 1914:
Bekanntmachung:
Der Abdeckereibesitzer Th. Reindel hierselbst will auf seinem Grundstücke (Kartenblatt 11 Parzelle 247) im Spötzing eine Thermische Vernichtungs- und Verwertungsanstali einrichten.

1. April 1922:
Bringe hiermit zur gefälligen Kenntnissnahme, daß ich von Herrn Th. Reindel, Lüchow, die Kadaververnichtungsfabrik nebst Abdeckerei käufllich erworben habe und am 1. April übernehme. Die Abdeckerei - Konzession des Kreises Lüchow ist mir seitens des Kreisausschusses vom Tage der Uebernahme übertragen. G. Stahlmann.


30. April 1927:
Die von Herrn Gehrke-Gartow beantragte Übernahme einer Garantie seitens des Kreises für die von ihm käuflich erworbene Abdeckerei in Lüchow wurde genehmigt. Die Summe, für die zu garantieren ist, beträgt 38000 Mk., die gesamte Kaufsumme 50 000 Mk. Zur Sicherheit verpfändet Herr Gehrke dem Kreise seine in Gartow und Lüchow gelegenen Grundstücke und Gebäude. Der Betrieb in Gartow wird während der Dauer des Betriebes (mindestens auf 20 Jahre) eingestellt. Für Gartow ist eine Kadaver - Sammelstelle in Aussicht genommen.

19. Januar 1932:
Im Wege der Zwangsvollstreckung sollen am 23. Januar 1932 die im Grundbuch von Lüchow eingetragenen Grundstücke, Abdeckerei in Lüchow mit den dazu gehörigen Grundstücken, versteigert werden.
Amtsgericht Lüchow.

15. März 1932…
Alle übrigen Kadaver sind der Kreisabdeckerei in Lüchow, die inzwischen wieder in Betrieb genommen ist, zuzuführen. Die Anmeldung der Kadaver hat einstweilen noch beim Landratsamt zu erfolgen.


Im Juni 1934 wird zum wiederholten Mal die Geruchsbelästigung durch die Abdeckerei thematisiert:

"Wenn westliche Winde über unsere Gegend gehen, lacht in diesem trockenen Sommer das Herz des Landmannes, denn es besteht bei dieser Windrichtung Aussicht auf Regen. Auch die Stadl Lüchow hat dann immer etwas in Aussicht, und zwar etwas ganz besonderes, etwas, das mit tausend Verwünschungen und „Pfui Teufel" begrüßt wird: Der Gestank aus der Abdeckerei. Hiergegen sind sogar „4711" und „Toska", auch wenn sie literweise angewandt werden, machtlos. Und selbst unsere Kreis- und Stadtverwaltungen scheinen kein Mittel zu wissen, das diese pestilenzartigen Erscheinungen durch Abänderung der Einrichtungen in der Abdeckerei behebt. Also müssen wir Lüchower uns weiterhin in Geduld fassen, bis es der Wissenschaft gelingt, gegen derartige „Gasangriffe" ein Mittel zu erfinden."

21. Oktober 1958 (Bildtext)

UMGELEGT wurde der baufällig gewordene Schornstein der früheren Abdeckerei in der Spötzingstraße in Lüchow. Das Technische Hilfswerk machte daraus quasi eine kleine Sprengübung. 300 Meter im Umkreis des lebensmüden Kamins wurde Sonntag vormittag von den Männern des THW ein Sperrgürtel gebildet, an dem die Zuschauer haltmachen mußten. Kurz nach 11 Uhr gab es dann einen relativ kleinen Knall, der den alten Schornstein aus dem Gleichgewicht brachte. Er neigte sich in der vorgesehenen Richtung zur Erde und löste sich in seine Bestandteile auf.
Autor/-in:  Ernst  Stock
Quelle:  Inge  Pehlke
Abriss • Bauarbeiten
Archiv-ID: 14474
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