Vorführung "Vom Flachs zum Leinen"

Lübeln
Datum: 28. März 1980
Zeitraum: 1971 - 1980

EJZ vom 29.3.1980:

"Einzigartige Ausstellung des Rundlingsvereins im Wendlandhof

Lübeln. Sechs Wochen lang wird ab morgen eine einzigartige Ausstellung im Wendlandhof in Lübeln zu sehen sein. Auf Initiative des Ehepaares Kulke, Bussau, baute der Rundlingsverein mit Hilfe von Bernd und Hilde Menke die Ausstellung „Vom Flachs bis zum gewebten Leinen“ im Heimathaus des Wendlandhofes auf. Sinn dieser Ausstellung ist es, das noch verbliebene Wissen um die einst hoch in Blüte stehende Heimindustrie — in Bergen gab es zeitweise über 70 Webmeister - der häuslichen Leinenherstellung im Wendland zu bewahren und den Besuchern nahezubringen.

Leinenweberei bestimmte das Leben der Wendländer, viele Höfe konnten durch diese früh entwickelte Heimindustrie einen gewissen Wohlstand erreichen. Ideale Wachstumsbedingungen für Flachs fanden sich an Hängen mit stets wechselnder Bodenbeschaffenheit. Wieviel Arbeit und welche verschiedensten Arbeitsgänge dazu gehören, um endlich ein fertig gewebtes Stück Leinen in den Händen halten zu können, versucht diese Ausstellung anhand von Bildern, hauptsächlich aber an Geräten zu vermitteln. Nach der Aussaat am 100. Tag des Jahres wurde der Flachs im Spätsommer mit seinen Wurzeln gezupft und in sogenannte Boten gebunden. Von den gutausgetrockneten Bunden wurden die Samenglocken abgestreift und gedroschen. um den Leinsamen zu gewinnen. In der Taurotte — im Wendland vornehmlich Röthkuhlen — sollte ein Losrotten der Holzteile von der Faser erreicht werden. Der getrocknete Flachs wurde anschließend in der Baakstave auf Holzroste gesetzt, um über einem rauchenden Feuer schließlich so ausgedörrt zu werden, daß sich die holzigen Teile, die Schewe, mit Hilfe der Handbrake von der Faser brechen ließen. Beim wiederholten Hecheln wurden die restlichen Holzteile und die sogenannte Hede ausgekämmt, die zu Sackleinen verarbeitet wurde. Aus dem gehechelten Flachs wurde später der Wocken für das Spinnrad gefertigt, und das Spinnen konnte beginnen. Das auf Spulen gewickelte, fertig gesponnene Garn wurde anschließend, nachdem es gekocht und gewaschen war, vom Spulengestell auf den Scherrahmen gespannt, von dem es später auf den Webrahmen aufgebäumt wurde. Nun erst konnte gewebt werden. Das auf den Bleichwiesen ausgebreitete, an Pflöcken gespannte Leinen wurde schließlich 14 Tage lang unter ständiger Bewachung, um Diebstähle zu verhindern, gebleicht. Eröffnet wird diese Ausstellung am Sonntagmorgen durch Landrat Meiner und Ursla Lippe vom Rundlingsverein. Anschließend haben die Gäste Gelegenheit, sich einige der vielen notwendigen Arbeiten an der Handbrake, das Hecheln, Wockenfertigen, Spinnen und Weben an Originalgeräten zeigen zu lassen. Ähnliche Vorführungen hat der Rundlingsverein bis Mitte Mai jeden Freitag von 11 bis 12 Uhr geplant. -by- (Christiane Beyer)
Autor/-in:  Christiane  Beyer
Landwirtschaft
Archiv-ID: 55231
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