Zum Stand der archäologischen Untersuchungen auf dem Hasenberg von Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg

Zum Stand der archäologischen Untersuchungen auf dem Hasenberg von Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg Die Entdeckungsgeschichte und der Beginn planmäßiger Ausgrabungen an der von A. Pudelko erkannten und gemeldeten Fundstelle Nr. 19 von Pevestorf sind schon mehrfach Gegenstand von Vorberichten gewesen. Hierüber gibt das Literaturverzeichnis am Schluß dieses Beitrags Auskunft. Zur Zeit wird eine ausführliche Abhandlung vorbereitet, die den gegenwärtigen Kenntnisstand und die Problematik dieses ganz ungewöhnlichen Fundplatzes darstellen soll. Aus dem noch unvollständig aufbereiteten Rohstoff des Fundmaterials, der zeichnerischen und fotografischen Dokumentation sowie der Einzelaufzeichnungen kann aber schon eine allgemeine Zusammenfassung gegeben werden, die geeignet ist, ein Bild von der Belegungsgeschichte des in urgeschichtlicher Zeit wiederholt aufgesuchten Terrassenhangs am Höhbeckrand zu entwerfen. Allerdings sind durch die Zufälligkeit der Grenzen des untersuchten Geländes nicht alle ermittelten Kulturepochen in gleicher Aussagefähigkeit vertreten, so daß einiger Fundgesellschaften nur kurz Erwähnung getan, anderen breiterer Raum gewidmet werden muß. Ganz fortgelassen wird hier das nahe der heutigen Oberfläche in schlechter Erhaltung angetroffene Fundgut einer mittelalterlichen, slawischen Besiedlung. Wenig Verbindliches kann noch über die älteste Fundschicht ausgesagt werden, die im Herbst 1969 anläßlich der Untersuchung eines früheisenzeitlichen Langhauses bei Anlage von Profilschnitten im Westteil des Grabungsreservats ermittelt worden ist. Auf verhältnismäßig kleinem Raum von etwa fünfzig Quadratmetern Ausdehnung wurden in größerer Menge Klingenabschläge und kleinere Absplisse aufgefunden, die auf eine anscheinend intensive Feuersteinverarbeitung schließen lassen. Da Fertigprodukte oder Halbfabrikate noch nicht vertreten sind, bleibt die Kulturzugehörigkeit und Zeitstellung vorläufig im Dunkeln. Wegen der geologischen Lage der Artefakte unmittelbar auf der Oberfläche einer Steinsohle, die durch eingebettete Windkanter als Ausblasungshorizont charakterisiert werden kann, und unterhalb eines sterilen Horizonts aus feinem Schwemmkies, muß aber ein erheblicher Altersunterschied gegenüber der nachfolgenden Belegung durch einen jungsteinzeitlichen Friedhof angesetzt werden. Vermutlich gehört der Feuersteinschlagplatz in die Mittlere Steinzeit, eine Annahme, die bei Fortsetzung der Ausgrabungstätigkeit überprüft werden wird. Mit bisher dreißig untersuchten, mindestens drei vor der Ausgrabung zerstörten und weiteren fünf im Planum erkannten Gräbern ist der Bestattungsplatz der jungsteinzeitlichen Bernburger Kultur schon jetzt das größte Objekt seiner Art. Die Grabgruben belegten in lockeren Reihen und gleichmäßiger Dichte den gesamten bis zur entsprechenden Tiefe erschlossenen Teil der Hangterrasse. Sie grei- 7 fen vermutlich nach Norden über die Grabungsgrenze noch hinaus bis zum Einschnitt der Straße Pevestorf—Brünkendorf, bei deren Ausbau ein kleiner, plumper und unverzierter Trichterbecher geborgen worden ist. Von der alten Oberfläche, der Laufschicht des Friedhofs, waren die Grabgruben recht unterschiedlich, zwischen 40 und 120 Zentimeter, eingetieft. Die regelmäßig steilwandigen Schächte lagen fast ausnahmslos in streng ostwestlicher Ausrichtung. Ihre Längsausdehnung schwankte beträchtlich, mindestens sechs müssen wegen ihrer Kleinheit als Kindergräber angesprochen werden. In den an ihrer Sohle mehr als 1,60 Meter langen Gräbern wurden vereinzelt und in unterschiedlicher Deutlichkeit humose Einfärbungen als Überreste der Toten, die sogenannten Leichenschatten, wahrgenommen. Fünf von ihnen traten so klar hervor, daß die Körperlängen mit einiger Genauigkeit gemessen werden konnten, und zwar mit 140, 160, 162, 170 und 184 Zentimeter Ausdehnung. In sieben Fällen konnte, zum Teil nach erhaltenen Zahnresten, eindeutig Ostwestlage (Kopf im Ostteil der Grube) ermittelt werden, ein Toter war in Gegenrichtung beigesetzt. Soweit erkennbar, befanden sich alle Bestatteten in ausgestreckter Rückenlage; Sargspuren wurden nicht beobachtet. Der Reichtum an erhaltenen Grabbeigaben ist bemerkenswert. Mit drei Ausnahmen enthielten alle Bestattungen Keramik, in der Regel ein bis drei und je einmal fünf, sechs und acht Gefäße. Massenhaft sind die Funde von Feuersteingeräten. Einfache Messerklingen zumal fanden sich in fast jedem Grab, mehrfach zwischen zehn und 27 Stück, einmal gar 93. Querschneidige Pfeilbewehrungen traten sowohl vereinzelt als auch in kompakter Lagerung von elf bis 23 Stücken auf. Acht Gräber enthielten je ein geschliffenes Beil mit schmalrechteckigem Nacken, eines deren drei; einmal ist ein Beil zusammen mit einem Meißel beigegeben. Auszuschließen scheint sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand die Anwesenheit von Beilen und das Auftreten von grobgemuschelten, stabförmigen Geräten unbestimmten Verwendungszwecks, in denen man vermutungsweise Instrumente zur Erzeugung von Funken, „Feuerschläger“, sehen darf. Wenn man zunächst versucht ist, hieraus ein Indiz für die Unterscheidung der Frauen- von den Männergräbern abzuleiten, so schwindet diese Hoffnung angesichts der Tatsache, daß beide Geräte mit querschneidigen Pfeilbewehrungen vergesellschaftet sein können. Auch in dem Vorkommen von Bernsteinperlen und -anhängern findet sich kein Kriterium für die Trennung der Geschlechter, denn es treten alle denkbaren Kombinationen mit den genannten Feuersteingeräten auf. Überwiegend enthalten die Gräber einige (eine bis acht) Scheiben- oder Röhrenperlen, fünfmal 22 bis 32 Stücke und in einem Fall 148 Perlen. Daneben nehmen sich scheibenförmige, geschliffene und durchbohrte Anhänger und Platten größeren Formats und unterschiedlicher Gestalt als Seltenheiten aus. Nur zweimal, in verschiedenen Gräbern, sind verhältnismäßig kleine Perlen gefunden worden, die unverkennbar die Gestalt zweischneidiger Äxte, der sogenannten Amazonenäxte, besitzen. Gleichwohl erscheint bedeutungsvoll, daß eines dieser seltenen Gebilde an hervorragender Stelle eines Kolliers angebracht war: als Endstück einer von der eigentlichen Halskette herabhängenden Perlenschnur. Dadurch wird der schon vorher vermutete Amulettcharakter solcher Stücke erhärtet. Bemerkenswert ist noch, daß in dem rein steinzeitlichen Gepräge der Gräber vereinzelt, als ältestes Metall, Kupfer vorkommt, und zwar im Zusammenhang mit Bernsteinschmuck zweimal in Gestalt kleiner verwitterter Partikel, in einem Grab aber als gut erhaltenes Spiraldrahtröhrchen von etwa sechs Zentimeter Länge. Beide Materialien können als Nachweis genommen werden, daß mit weitreichenden Handelsverbindungen, vielleicht entlang dem Elbe-Moldau-Donau-Weg, in dieser frühen Zeit gerechnet werden muß. Eine eingehende Behandlung der Grabkeramik an dieser Stelle verbietet sich schon wegen des Umfangs eines solchen Exkurses. Es sei nur kurz erwähnt, daß die Keramik in zwei Komponenten zerfällt, deren eine, die Kugelamphoren, in sich verhältnismäßig einförmig und geschlossen wirkt. Charakteristisch ist als Verzierung ein in Tiefstichtechnik ausgeführtes, den Hals bedeckendes Dekor aus Dreiecks- oder Rautenmustern und fransenartige Linienbündel auf der Schulter. Die zahlenmäßig überwiegende Komponente der Typenstufe III der Bernburger Kultur ist entschieden vielgestaltiger in den Gefäßformen. Sie wird zusammengehalten durch das Vorherrschen bortenartiger Tiefstichmuster auf den Gefäßschultern, in denen das Motiv des ausgesparten Winkelbandes weit überwiegt; ferner durch das Auftreten von Einfach-, Doppel- und Dreifachknubben am Halsansatz, von Doppelhenkeln und von Knubbenhenkeln. Aufschlußreich sind einige Beobachtungen, die Einzelheiten des Bestattungsritus zu erhellen vermögen. Die Laufschicht des Friedhofs war ganzflächig mit einer Lage von Keramikfragmenten bedeckt, darunter auffällig viele Bruchstücke von Kulttrommeln. Mehrere Brandstellen enthielten kalzinierte Knochen vom Schwein und von nicht näher bestimmbaren Vogelarten. Branderde und Knochenbrand fanden sich aber auch in einer Anzahl von Grabgruben, und zwar unmittelbar über der Bestattung verstreut. In einem Grab mit deutlichem Leichenschatten wurde offenkundig, daß der Leichnam in dreifach ausholendem Schwünge mit Branderdestreifen bedeckt worden ist. Sehr merkwürdig ist auch die zwölffach belegte Erscheinung, daß bereits verfüllte Grabgruben nach längerer Zeit partiell wieder geöffnet wurden. In den zumeist mit Branderde gefüllten Sekundärgruben befand sich regelmäßig, anscheinend mit Absicht, fragmentierte Keramik, so etwa die Hälfte von vertikal geteilten Näpfen, Schalen ohne Boden und, je einmal, das vollständige Oberteil und der unzerbrochene Schalltrichter einer Kulttrommel. Ohne in eine ausführliche Interpretation dieser Erscheinungen eintreten zu wollen, kann gesagt werden, daß offensichtlich ein sehr aufwendiger Totenkult betrieben worden ist, sowohl im Hinblick auf den Reichtum der Beigaben, als auch in den Begleitumständen des Begräbniszeremoniells. Die nächstjüngere Kulturschicht scheint auf den Südteil des Grabungsgeländes beschränkt oder nur dort erhalten zu sein. Bei der weiter unten beschriebenen Freilegung bronzezeitlicher Beackerungsspuren wurde, von diesen überschnitten und zum Teil zerstört, der Fundamentgraben eines rechteckigen Gebäudes von etwa zehn Meter Länge und 4,5 Meter Breite in Resten angetroffen. Vor der noch ausstehenden Untersuchung des erst flächig und noch nicht mit Profilschnitten angegangenen Grundrisses kann nur soviel ausgesagt werden, daß das Gebäude abgebrannt ist. Das zeigen einmal die vom Hakenpflug verrissenen Holzkohlespuren eines Teils der Wand, zum anderen verziegelte Brocken von Hüttenlehm, die auch die Stabbauweise der Wände erkennen lassen. Durch die spätere Beackerung ist das keramische Fundmaterial stark zerkleinert und sicher auch beträchtlich reduziert worden, von einer intakten Siedlungsschicht kann nicht die Rede sein. Immerhin liegen mehrere kleine Scherben vor, die eine zeitliche Einordnung ermöglichen. Die gelbtonige, schwachgebrannte Keramik ist zum Teil mit Tupfenwülsten versehen, zum Teil mit „Stacheldraht“-Muster verziert. Dadurch wird die Zugehörigkeit der Siedlung zur Becher- oder Einzelgrab-Kultur erwiesen, zeitlich steht sie offenbar an deren Ende während des Übergangs der Jungsteinzeit zur Bronzezeit. Weitere Einzelheiten der Hausbauweise und größere Sicherheit in der Datierung wird die geplante Fortsetzung der Untersuchung mit einiger Wahrscheinlichkeit noch erbringen. Im ausgegrabenen Teil des Körpergräberfriedhofs der Bernburger Kultur wurde in direkter Überschneidung einiger Grabgruben ein großes Pfostenbauwerk frei- gelegt, zu dem direkte Entsprechungen, zumal im näheren Umbereich, nicht bekannt sind. In regelmäßigen Abständen von 0,55 bis 0,60 Meter umhegten, nach Ausweis von Standspuren, kräftige Pfosten einen fast kreisrunden Platz von 13 Metern Durchmesser. Eine Unterbrechung im Süden des Ringes mit flankierenden stärkeren Endpfosten wird als Eingang gedeutet. Da für irgendwelche Inneneinbauten keine Hinweise vorliegen und die Weite der umbauten Fläche freitragend nicht zu überdachen ist, wird bei dem Versuch einer Rekonstruktion an einen freistehenden Kranz von Pfosten gedacht, die möglicherweise durch Querbalken miteinander verbunden waren. Als vergleichbare Erscheinungen bieten sich allenfalls die als Wood- Henge-Monuments in England mehrfach nachgewiesenen Kultbauten an. Wie diese, scheint auch der Pfostenkranz von Pevestorf im Zusammenhang mit dem Bestattungswesen zu stehen. Westlich des Eingangs fanden sich außerhalb des Berings zwei auffallend tiefe Grabschächte, die nach Maßgabe dünnstreifiger Humusreste mit Brettern ausgeschalt waren. Eines der Gräber, es überschnitt eine Bestattung der Bernburger Kultur, war über der Sohle mit einer dicken Schicht schwarzer Branderde gefüllt. Darunter kam deutlich die Verfärbung eines Schädels zum Vorschein, nicht jedoch der vollständige Leichenschatten. Gemäß der Größe des Kopfes und des an Zahnschmelzresten erkennbaren Gebisses handelte es sich bei dem Bestatteten um einen Erwachsenen, der aber nicht in Strecklage, sondern auf sehr kleiner Grundfläche vermutlich in extremer Hockerlage niedergelegt worden ist. Als Beigabe enthielt das Grab ein tassenförmiges Gefäß der frühbronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur. Der zweite, dicht benachbarte Grabschacht, der ebenfalls einen Holzeinbau besaß, wies in Höhe der Grabsohle und wenig darüber geringfügig bessere Erhaltungsbedingungen auf, die es erlaubten, Teile von wirr durcheinanderliegenden Röhrenknochen zu konservieren und zu bergen. Darunter, auf dem Boden des Schachts, kamen, eng beieinanderliegend, rundliche Verfärbungen zum Vorschein, die nach Form und Größe und nach den mehrfach erhaltenen Zahnschmelzresten als mindestens fünf menschliche Schädel angesprochen werden müssen. Dieser Befund mag einen Hinweis darauf geben, welcher Art die kultischen Handlungen gewesen sind, die in dem angrenzenden, vom Pfostenkreis eingehegten Bezirk vorgenommen wurden. Zu einem nicht präzis bestimmbaren, jedoch mit Sicherheit jüngeren Zeitpunkt ist die so fundträchtige Hangterrasse des Hasenbergs über längere Dauer als Ackerland genutzt worden. Eine um zwölf Zentimeter starke, gleichmäßig humos verfärbte Bodenschicht wurde schon bei Anlage der ersten Probegrabung für eine vielfach durch Pflügen umgelagerte Ackerkrume gehalten. Um diese Annahme zu erhärten, wurde ihre Untergrenze durch dünnschichtiges Abschaben mit äußerster Vorsicht angegangen. Dabei gelang auf nahezu allen Teilen der untersuchten Flächen die Freilegung eines Systems parallellaufender, langstreifiger Bodenspuren, in denen die am tiefsten reichenden Ritzspuren des Hakenpflugs zu erkennen sind. Fast überall war auch erweislich, daß in zwei im rechten Winkel zueinanderstehenden Streichrichtungen gepflügt worden ist, mit Sorgfalt und Geschick offenbar, denn Abweichungen von den Hauptrichtungen sind kaum zu verzeichnen. An Hand von Überschneidungen durch Brandgräber des nachfolgenden Urnenfriedhofs ist das bronzezeitliche Alter des Ackerbodens sicher erwiesen. Nach den bisherigen Beobachtungen scheint sich die Ausdehnung des jungbronzezeitlichen Urnenfriedhofs der Lausitzer Kultur auf den östlichen Teil der Terrasse zu beschränken. Möglicherweise gehören aber auch schon vor Jahrzehnten beobachtete Urnengräber unterhalb des den Fundplatz begrenzenden Steilhangs in denselben zeitlichen Zusammenhang. Auf den ausgegrabenen Flächen wurden bisher 15 Bestattungen angetroffen, die in ihrem Erscheinungsbild nicht einheitlich sind. Überwiegend handelte es sich um in kleinen Gruppierungen unsystematisch verteilte Rollsteinpackungen, die einzelne, in einem Fall zwei Urnen umschlossen. 10 Daneben kamen Bestattungen ohne Steinschutz oder mit Bedeckung des Gefäßes durch eine Steinplatte vor. Typologisch gliedert sich die Keramik in zwei Hauptformen, den strengen Doppelkonus und die Schulterterrine. Überwiegend sind die Gefäße durch radialgegliederte Ritzlinienmuster des Unterteils verziert. Einige kleinere Terrinen weisen Schrägkannelierung der Schulterpartie auf. Zwei herausragende Bestattungen sind näher zu beschreiben: Unter einem mit faustgroßen Gerollen dichtbelegten Grabhügel von sechs Metern Durchmesser wurde eine Brandschicht freigelegt, die wegen schwacher Hitzerötung des Untergrunds und eingeschlossener Leichenbrandpartikel als Scheiterhaufenplatz gedeutet werden kann. Das Areal war von einem Kreisgraben umschlossen. Auf den Verbrennungsrückständen lagen, jeweils beisammen, die Bruchstücke dreier Gefäße, die keine Hitzeeinwirkung aufwiesen, mithin nachträglich dort deponiert worden sein müssen. Eine die Brandschicht durchschneidende Grube im Mittelpunkt des Kreisgrabens war mit plattigen Steinen ausgestellt, offenkundig um den Leichenbrandbehälter aufzunehmen. Diese Stelle war durch eine trichterförmige Eingrabung von der Hügelkuppe aus mit größter Genauigkeit anvisiert und zweifelsfrei geplündert worden. In der durchwühlten Hügelerde fand sich verschüttet ein Haufen Leichenbrand, von keramischen Urnenresten jedoch keine Spur. Es liegt deshalb nahe, zu vermuten, daß den antiken Raubgräber der ihm bekannte Wert des Leichenbrandbehälters, vielleicht eines Bronzegefäßes, zu seiner Tat verleitet hat. Indizien für diese Vermutung steuert neben der ungewöhnlich aufwendigen Bestattungsweise auch der Umstand bei, daß eine im Kreisgraben nachbestattete Urne als einzige des Friedhofs Bronzeschmuck enthielt, und zwar ein Armband und einen Zierknopf. In geringer Entfernung westlich des beschriebenen Grabhügels wurde eine zweite markante Bestattung unter einer kleinen ovalen Erderhebung freigelegt. Sehr wenig Leichenbrand, sicher nur ein geringer Teil eines verbrannten Körpers, war von einer 3,40 Meter langen und 1,70 Meter breiten Lage parallelgeschichteter Bohlen bedeckt, die an Ort und Stelle verbrannt worden sind. Der Umstand, daß die massiv in Holzkohle erhaltenen Bohlenkerne noch überall dünn mit weißer Asche umgeben waren, macht deutlich, daß sie in noch glühendem Zustand durch Bedeckung mit Sand abgelöscht worden sind. Nachträglich wurde in die Mittelfuge der verbrannten Bohlenlage in dichter Reihung ein komplettes keramisches Service eingedrückt, und zwar, auf der Seite liegend, ein zweihenkliger Topf und, mit den Mündungen tief im Boden, eine hochhalsige große Terrine, eine kleine schrägkannelierte Kanne, eine halbkugelige Tasse und eine konische Schale. Wegen seiner ungewöhnlichen Beschaffenheit ist der gesamte Komplex nach einem komplizierten und eigens entwickelten Verfahren in einem Stück gehoben worden. Den oberen Abschluß der soweit beschriebenen urgeschichtlichen Hinterlassenschaften bildete eine weitläufige Siedlungsschicht, die in Massen grobe und meist schlickgerauhte Gefäßbruchstücke enthielt, jedoch auch Fragmente feinerer Tonware, darunter in beträchtlicher Anzahl die unverkennbaren Teile von Lappenoder Zipfelschalen. Diese keramische Spezialform ovaler Schalen, deren Rand an den Schmalseiten zu vier Lappen ausgezogen und deren Oberfläche mit einem meist regellosen Muster von Fingernageleindrücken bedeckt ist, erlaubt eine Datierung der Siedlung an den Übergang der Bronzezeit zur Frühen Eisenzeit. Nachdem schon beim Anplanieren der Laufschicht eine Erhöhung der Funddichte nach Westen und Norden des Grabungsgeländes festzustellen war, wurde in diesem Bereich als Abschluß der bisherigen Untersuchungstätigkeit der vollständige Grundriß eines Langhauses freigelegt. Ein schmaler und tiefausgehobener Fundamentgraben der Außenwand ließ die Abmessungen des an den Schmalseiten apsidal endenden Gebäudes deutlich erkennen: 23 Meter Länge bei einer gleichbleibenden Breite von 7,8 Metern. Schwächere Spuren teilten die Innenfläche in drei etwa gleichgroße Räume, von denen der mittlere eine von mehreren Pfostenlöchern umgebene zentrale Herdstelle enthielt. Nach der Anordnung hervorstechend tiefer und kräftiger 11 Pfostenlöcher, Abbilder des tragenden Gerüsts, verkörpert das Gebäude in besonders reiner und sorgfältig ausgeführter Bauweise den Typ des dreischiffigen Hallenhauses. Bei westöstlicher Ausrichtung bedingt zumal die annähernd halbrunde Führung der Schmalseiten eine günstige Dachform gegenüber den vorherrschend westlichen Stürmen. Parallel zu diesem Langhaus verschoben, wurde im Randbereich des untersuchten Areals der Ostabschluß eines zweiten, schmaleren Gebäudes flächig angegraben, zugunsten einer Gesamtabdeckung jedoch vorläufig wieder zugeschüttet. Von einer maximal 1,40 Meter starken Aufwehung feinen Sandes vor späteren Eingriffen und Einwirkungen bislang fast optimal geschützt, gewährt der Fundplatz Nr. 19 von Pevestorf hervorragende Forschungsbedingungen zur näheren Kenntnis einer ganzen Serie von Kulturen, deren Erscheinungsbild wertvolle Bereicherung erfahren wird. Dem Landkreis Lüchow-Dannenberg gebührt Dank für den Sicherungskauf des von Bauvorhaben akut bedrohten Fundgeländes und für die Bereitschaft, das einzigartige Forschungsobjekt ohne Termindruck für weitere, dem Schwierigkeitsgrad entsprechend zeitraubende Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Vorberichte: K. L. Voss, Jungsteinzeitliche Funde am Höhbeck, Gemarkung Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg. Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte 30, 1961, 70 ff. K. L. Voss, Vier Fundschichten auf einer Höhbeck-Terrasse bei Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg. Nachrichten .... 33, 1964, 76 ff. K. L. Voss, Bronzezeitliche Ackerflur über einem Kult- und Begräbnisplatz der Bernburger- und Kugelamphoren-Kultur bei Pevestorf/Höhbeck, Kreis Lüchow- Dannenberg. Germania 43, 1965, 361 ff. K. L. Voss, Technisches zur Ausgrabung im Flugsand. Nachrichten .... 34, 1965, 113 ff. K. L. Voss, Vorbericht über zwei Fundkomplexe auf dem „Hasenberg“ bei Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg. Die Kunde NF 16, 1965, 178 f. K. L. Voss, Ein vierperiodiger Fundplatz auf dem „Hasenberg“ bei Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 2, 165 ff. K. L. Voss, Technisches zur Ausgrabung im Flugsand II. Nachrichten .... 35, 128 ff. K, L. Voss, Funde der Bernburger- und Kugelamphorenkultur von Pevestorf, Kreis Lüchow-Dannenberg (Höhbeck). Prähistorische Zeitschrift 43/44, 1965/66, 284 ff. K. L. Voss, Artikel „Pevestorf“ in: Jan Filip, Enzyklopädisches Handbuch zur Ur- und Frühgeschichte Europas II, 1969, 1021 f. Dr. phil. Klaus L. Voss, Archäologe, 3 Hannover, Auf dem Emmerberge 21.
Autor/-in / Herausgeber:Voss, Klaus L.
Veröffentlich in:2. Jahresheft Hannoversches Wendland
Seite von-bis:7-12
Erscheinungsdatum:1970
Thema / Schlagwort:Archäologie
Ort:Pevestorf
Sachgebiet, Zeit:Mittelalter
Unter anderem vorhanden bei:Heimatkundlicher Arbeitskreis Lüchow-Dannenberg
Wendlandarchiv-ID:510193